Der Flight Simulator von Microsoft bietet Kindern die Spannungskurve eines Langstreckenflugs: Vorm Abheben sind die Kleinen zum Zerreißen gespannt, große Aufregung beim Rauschen der Turbinen, das Flugzeug beschleunigt und hebt ab. Eine Viertelstunde später dann die Frage, wann man denn nun endlich da ist. Der Flight Simulator ist im Xbox Game Pass enthalten. Daher ein Test aus der Rubrik Game Pass & Kind.

Wir sitzen im Cockpit, um uns herum zig kleine und große Schalter, Hebel und Instrumente. Per Cursor können wir die meisten Elemente tatsächlich bedienen. Wir drücken einen der roten Knöpfe und ein Alarm ertönt. Wir drücken den Knopf erneut und der Alarm verstummt. Glück gehabt.

Gleich auf den ersten Blick zeigt der Flight Simulator, dass er es ernst meint. Statt eines Spiels im engeren Sinne wird uns eine ultra-realistische Simulation präsentiert. Bevor ich mich mit meinem Sohn vor den Fernseher setze, absolviere ich deshalb ein paar Tutorials und lerne die Grundlagen der Aviation kennen, wie wir Piloten sagen. Nach ungefähr 2 Stunden habe ich das Gefühl, zumindest die kleineren Flugzeuge ausreichend zu beherrschen. Einige Meldungen auf dem Bildschirm (der Kurskreisel muss neu kalibriert werden?) und manche Details wie den Funkverkehr verstehe ich noch nicht so recht, aber das muss reichen.

Gemeinsames Sightseeing im Flight Simulator

Das Spiel bietet unterschiedliche Modi, der spannendste für uns ist erst einmal der freie Modus: Auf einem Globus können wir den Abflugort und das Fluggerät selbst wählen. Wir entscheiden uns für Hamburg, wo wir erst vor kurzem waren, und einen kleineren Privatjet, weil der eine schöne Farbe hat, meint Jakob. Ich möchte eigentlich ein Kunstflugzeug nehmen, aber die Wahl ist bereits gefallen. Nun gut. Das Spiel lädt lange und wir finden uns wieder in einem kleinen Privatjet über Hamburg.

Die Grafik ist fantastisch, alles sieht extrem realistisch aus. In der Cockpitansicht kann man den Kopf frei drehen und sieht auch die luxuriösen Sessel in der Passagierkabine. Jakob wundert sich jedoch, dass man seinen eigenen Körper nicht sehen kann. Beim Kamerawechsel auf die Außenperspektive sitzen dann aber Pilot und Co-Pilot im Cockpit. Sehr eigenartig.

Trotz der vorbereitenden Übung verlangt der Sightseeing-Flug über der Hansestadt uns einiges ab. Wir fliegen sehr tief, um alle Wahrzeichen wiederentdecken zu können, die wir neulich erst in echt gesehen haben: Hier der Aufzug runter in den Elbtunnel – weißt du noch? Das da ist der Michel. Und da vorne die Elbphilharmonie. Ja genau, da war es so windig. Das macht alles wirklich viel Spaß, doch dann ereilt uns ein Strömungsabriss oder weiß der Teufel was, wir verlieren die Kontrolle übers Flugzeug und prallen gegen ein Haus.

Flugzeugabsturz klingt brutal, doch das Flugzeug bleibt völlig unversehrt, als wäre es ein Plastikspielzeug. Es liegt umgekehrt auf dem Boden und wir müssen zurück ins Hauptmenü. Der realistische Eindruck des Spiels ist augenblicklich dahin. Fürs Spielen mit kleinen Kindern ist das aber natürlich eine sehr dankbare Darstellung.

Was als nächstes? Jakob will jetzt über München fliegen. Und die Isar sehen. Diesmal mit dem großen Flugzeug. In Blau. Wir wählen also die Boeing 747 und fliegen über unsere Heimatstadt. Wir sehen das Haus, in dem wir wohnen, den Marienplatz, den Olympiapark. Es ist schwer zu beschreiben, was daran so viel Spaß macht. Aber das Wiedererkennen der eigenen Stadt macht uns irgendwie beiden Freude.

Wir spielen nun seit etwa zehn Minuten und Jakob wird immer ruhiger. Ich zeige ihm noch, wo seine und unsere Freunde wohnen, wir fliegen die Isar entlang. Hier waren wir im Sommer baden, da ist dein Kindergarten und so weiter.

Ich frage Jakob, ob wir noch einen dritten Flug starten möchten: Diesmal vielleicht nach Griechenland? An den Ort, an dem wir unseren letzten Sommerurlaub verbracht haben. Und noch während ich spreche und den Jumbo-Jet über München steuere, schaltet sich der Fernseher aus. Ich schaue zu Jakob und er hat die Fernbedienung in der Hand: „Ich mag nicht mehr, Papa. Spielen wir in meinem Zimmer?“

Ein schöneres, interaktives Google Earth

Wahrscheinlich war es Tagesform, aber kein anderes Spiel hat meinen Sohn bisher so gelangweilt, dass er den Fernseher abschaltet – nach 15 Minuten. Auf eine Art ist der Flight Simulator wirklich faszinierend: Wir können in wunderschöner 4K-Grafik jeden Flecken der Welt erkunden und Flugzeuge sind auch noch dabei. Doch sobald die Lust vergangen ist, die Welt von oben anzusehen, war es das dann auch schon wieder. Es gibt keine spielerischen Elemente und nichts zu erreichen außer einer besonders sanften Landung oder einer perfekten Navigation. Aber welches dreijährige Kind interessiert das schon?

Was bleibt ist eine dynamische Version von Google Earth und zeitweise viel Spaß beim gemeinsamen Entdecken. Der Flugsimulator ist sicher auch eine wunderbare Methode, um zukünftige Urlaubsziele oder weit entfernte Orte, die man nur aus Büchern kennt, zu zeigen. Ältere Kinder haben sicher auch Freude am Steuern der Flugzeuge, besonders wenn sie sich gerade in dieser nerdigen Flugzeug- und Technik-Phase befinden. Das Problem ist dann aber vielleicht der Realismus und die schwierige Steuerung.

Microsoft Flight Simulator

Plattformen: Windows, Xbox Series X/S
USK: ab 0 Jahren
G&K*: ab 2 Jahren
Für Kinder, die auch mögen: Google Earth, Flugzeuge, ferne Länder
*unsere absolut subjektive Altersempfehlung.

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