Nach unseren durchwachsenen Erfahrungen mit Super Mario 3D World + Bowser’s Fury sind mein dreieinhalbjähriger „Jakob“ und ich beim aktuellen Spiel auf Nummer sicher gegangen: Wir haben uns in der Stadtbibliothek „Paw Patrol – Der Kinofilm: Abenteuerstadt ruft“ für die Switch ausgeliehen. Das Game zeigt, dass Spielen mit Kind nicht unbedingt auch den Eltern Spaß macht.

Bis vor ungefähr einem Vierteljahr hatten wir die Hoffnung, den durchgemerchandisten Kinder-Franchises unserer Tage zu entgehen: Marken wie Paw Patrol und Super Wings richten sich an Kinder im Kindergartenalter und bedienen Themen, die ungefähr jedes Kind in der Altersgruppe liebt: Bei Paw Patrol sind es süße Hundewelpen, die Baumaschinen und schweres Gerät bedienen, um Menschen in Not zu retten. Super Wings handelt von Flugzeug-Kindern mit individuellen Fähigkeiten, die um die Welt reisen und sich gegenseitig aus der Patsche helfen. Rund um die Franchises besteht ein Kosmos konsumierbarer TV-Serien, Spielzeuge, Hörspiele, Brotzeitdosen, Kleidung, Snacks und so weiter. Die Serien und Hörspiele dienen vor allem als Werbefläche für den eher billig produzierten Merchandise und finden sich nicht nur auf sämtlichen Abodiensten wie Netflix und Spotify, sondern auch kostenlos auf Youtube.

Langeweile und Strebermoral

Hinter unserer Hoffnung, Paw Patrol und Co. zu entgehen, steckt nicht etwa eine konsumkritische Haltung oder pädagogische Erwägungen. Unser Problem mit diesen Franchises ist, dass sie mit aller Macht versuchen, die Kinder für sich zu begeistern. Sie geben sich keinerlei Mühe, auch die Eltern zu erreichen. Die Geschichten sind durchschaubar, die Figuren nervig und oberflächlich. Dazu wird eine penetrante Strebermoral vermittelt, Mülltrennen, Umweltschutz und Höflichkeit gepredigt. Es gibt keine Witzchen für Erwachsene wie in Pixar-Filmen, keine Skurrilitäten wie in Peppa Wutz und keine Wendungen oder doppelte Böden wie in unzähligen hervorragenden Kinderbüchern. Wir haben gehofft, Paw Patrol aus unserer Wohnung heraushalten zu können, weil es uns langweilt.

Wie zu erwarten hat es seit Jakobs Wechsel von der Krippe in den Kindergarten vergangenen September nur wenige Wochen gedauert, bis Paw Patrol und Super Wings bei uns eingefallen sind. Erst ist Jakob ins Schwärmen gekommen, sobald er eine Jacke, einen Rucksack oder eine Lunchbox mit den Hundewelpen oder Kinder-Flugzeugen gesehen hat. Weil er so begeistert war, haben wir ihn dann auf längeren Autofahrten die Hörspiele hören lassen. Schließlich am Wochenende auch mal eine Folge auf Netflix. Zu Nikolaus und Weihnachten hat die Verwandtschaft die Spielzeuge in unsere Wohnung gebracht. Mittlerweile sind beide Marken fester Bestandteil unseres Alltags. Es ging so schnell, wir hatten nicht einmal Zeit zu kapitulieren. Während ich diesen Beitrag schreibe, retten die „Fellfreunde“ auf unserer Stereoanlage im Wohnzimmer Wale.

Spielspaß wie in der Hugo Show

Bisher haben Jakob und ich größtenteils Games gespielt, die mich auch interessieren. Eine Ausnahme war der Zugfahrsimulator Train Sim World 2, aber das war uns beiden zu langweilig. Im Katalog der Münchner Stadtbibliothek habe ich das Spiel zum Paw-Patrol-Kinofilm gesehen und bestellt. Nachdem schon das Spielzeug und die Geschichten eher von durchwachsener Qualität sind, habe ich auch vom Videospiel nicht allzu viel erwartet.

Das Spiel begrüßt uns mit langen Ladezeiten, wie man sie schon längst nicht mehr gewohnt ist. Im Menü angekommen, versammelt der Junge Ryder die Hunde in der Zentrale und beginnt mit dem Briefing für einen Rettungseinsatz – im Grunde alles wie in einer Episode der Serie. In insgesamt 8 Missionen müsse zwei vom Spiel festgelegte Hunde unterschiedliche öde Aufgaben erfüllen: einen Stromausfall beheben, die Kläranlage reparieren, ein Feuer löschen. Es dauert nach dem Briefing dann rund zwei Minuten, bis ein Level geladen ist – ich habe die Zeit nicht gestoppt.

Wir steuern dann in Grafik von Playstation 2-Qualität zwei Hunde durch schlauchartige Wege in der Stadt und treffen dabei auch ein paar wenige Passanten. Alles wirkt recht unrund, gefühlt läuft das Spiel mit 15 Frames pro Sekunde. Eine endlose Spur aus Hundekuchen weist den Weg durch den Level. Sobald wir uns den Leckerlis nähern, ziehen wir sie magnetisch an, was das Einsammeln sehr leicht gestaltet. Man steuert einen Hund, der andere folgt automatisch. Per Knopfdruck kann man zwischen den beiden Hunden wechseln, was den Sinn hat, dass an bestimmten Punkten einer der beiden Hunde ein Mini-Spiel starten kann. Die Spiele bestehen daraus, etwa 10 Mal die Taste B zu drücken, damit der Hund Rubble mit seinem am Geschirr angebrachten Bohrkopf Geröll zerkleinert. Oder man steuert mit einem Cursor eine Markierung an, drückt B und der Polizeihund Chase schießt einen Grappling Hook, mit dem er sich von Hausdach zu Hausdach zieht. Der Feuerwehrhund Marshall fährt zwei Äxte von seinem Rücken aus und zerhackt Hindernisse – natürlich nach Druck auf Taste B. Die Aktion wirkt wie eine Mischung aus Inspector Gadget und Chucky der Mörderpuppe.

Danach kommt in jedem Level dieselbe Sequenz: Das Fahrzeug des jeweiligen Hundes fährt automatisch von unten nach oben. Mit rechts und links wechselt der Spieler zwischen den drei Spuren. So umfährt man Hindernisse und sammelt natürlich Hundekuchen ein. Denkt man sich noch die Telefon-Tastentöne dazu, erinnert das Ganze an die Hugo-Call-in-Spiele aus den Neunzigern.

Rechts, links oder Mitte? Spielspaß wie in der Hugo Show

Das Gameplay changiert zwischen eintönig und frustrierend: In einem Level sucht man in Gestalt des Mischlingshundes Rocky Mülltüten, um sie ordnungsgemäß zu entsorgen. Zehn Stück liegen in einem labyrinthigen Level herum. Durch den kleinen Bildausschnitt übersieht man jedoch leicht einen Müllsack und läuft daran vorbei. Am Ausgang kann man dann den Level nicht beenden, weil ein Müllsack fehlt. Also den ganzen Weg zurück, alles absuchen und wieder zum Ausgang.

Und es warten noch viele weitere lästige Kleinigkeiten: Von Zeit zu Zeit läuft im Hintergrund eine nerviger Lärm, vergleichbar mit dem Rauschen eines Auto-Staubsaugers an der Tankstelle. Unklar, ob das irgendeinen inhaltlichen Sinn hat oder es sich um einen Bug handelt. Mir erschließt sich das jedenfalls nicht. Sobald man dann die öde Hugo-Autofahrt erreicht, endet der Lärm. Endlich Ruhe.

Apropos Bug: Ein falscher Sprung und der Hund hängt zwischen einer Kiste und einem Geländer fest. Es gibt keine Entrinnen, auch ein Wechsel zum anderen Hund hilft nicht weiter. Die einzige Lösung: Neustart und nochmal von vorne durch den langweiligen Schlauchlevel laufen.

Im Grunde ist das Spiel genau, was ich von Paw Patrol erwartet habe: Schlecht programmiert, voller Fehler und lieblos. Und auch Jakob bietet es genau das, was er von Paw Patrol erwartet: Er liebt das Spiel!

Wie viel Langeweile erträgt man für sein Kind?

Das Paw-Patrol-Thema alleine begeistert ihn natürlich schon und ich kann gut nachvollziehen, wie großartig es sein muss, selbst die Noteinsätze der Hunde aus der Serie spielen zu können. Das simple Gameplay und die einfache Steuerung sorgen dafür, dass auch ein Dreijähriger das Spiel steuern kann. Bei den Hüpfpassagen muss ich öfters kurz übernehmen, aber sonst steuert Jakob die Hunde selbst. Er läuft, bohrt, hackt, löscht Feuer und fährt selbstständig. Dabei hat er einen Riesenspaß. Ich schätze, in einem Jahr kann er das Spiel wohl völlig alleine steuern.

Wenn das Spiel sich aufhängt oder abstürzt, stört sich Jakob nicht daran. Dann eben nochmal. Wenn der Staubsaugersound losgeht, ist das für ihn Teil des Spiels. Er hat einfach nur Spaß daran, die Rettungshunde zu steuern. Das Spiel drückt wie auch die Serie die richtigen Knöpfe bei meinem Sohn. Es passt einfach alles: Hundewelpen, Noteinsätze, Fahrzeuge, die bekannten Figuren.

Was ist also mein Fazit? Das Spiel ist objektiv betrachtet Mist. Hätte ich es gekauft, würde ich mich ärgern. Aktuell kostet es bei Amazon stolze 38 Euro. Aus Sicht eines Paw-Patrol-begeisterten Kindergartenkindes sieht das völlig anders aus: Die Fellfreunde selbst steuern, Noteinsätze, 🥳. Deshalb gibt es im Wertungskasten nicht eine, sondern zwei Wertungen: Eine für Eltern und eine fürs Kind. Am Ende muss jeder selbst wissen, wie viel schlechtes Spiel man sich antun möchte, um seinem Kind eine Freude zu machen – und wirklich nur seinem Kind.

Paw Patrol: Der Kinofilm – Abenteuerstadt ruft

Plattformen: Nintendo Switch, Xbox One, PlayStation 4, Windows, Stadia
USK: ab 0 Jahren
G&K*: ab 2 1/2 Jahren
Für Kinder, die auch mögen: Paw Patrol
*unsere absolut subjektive Altersempfehlung.
Wertung Kind:
Wertung Eltern:

One Reply to “Paw Patrol – Abenteuerstadt ruft: Spaß ist relativ”

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